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Aktuelles

07.02.2023 | Pressemitteilung

BVerfG: Feste Leitplanken für Eingriffsbefugnisse der Polizei

Zu der Entscheidung des BVerfG zum Polizeigesetz von Mecklenburg-Vorpommern vom 9. Dezember 2022, die erst am 01.02.2023 veröffentlicht wurde, erklärt Harald Baumann-Hasske, Co-Vorsitzender der AsJ:

„Die ASJ begrüßt es, dass das Bundesverfassungsgericht erneut die Grenzen der staatlichen Befugnisse zum Eingriff in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger geschärft hat. Diese Entscheidung ist ein weiterer Meilenstein zur Sicherung der Freiheitsrechte gegenüber einem Staat, der unter öffentlichem Druck immer mehr Überwachungs- und Kontrollmöglichkeiten gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern haben möchte. Sie steht in einer Tradition früherer Entscheidungen, nach denen man schon glauben konnte, alle wüssten nun, wo die Grenzen liegen.

Beeindruckend ist die Klarheit, mit der die präventive Ausspähung und Überwachung von Personen für verfassungswidrig erklärt wird, von denen nur vermutet wird, dass von ihnen künftig eine Gefahr ausgehen könnte (z.B. §§ 89a, 129a StGB). Hier kommt es zu einer Doppelung der Vorfeldermittlung wegen einer Vorfeldstraftat. Das ist wegen der resultierenden Unwägbarkeit nicht mehr geeignet, eine heimliche Überwachung zu begründen. Das BVerfG verlangt hier eine erkennbare Konkretisierung der Gefahr, die von dieser Person ausgeht, um Eingriffe in deren Privatsphäre zu begründen.

Aus dieser Argumentation wird deutlich, warum für die Erarbeitung künftiger Gesetze die Erstellung einer Überwachungsgesamtrechnung notwendig sein wird, wenn sie verfassungskonform sein sollen. Auch wenn das Gericht dies nicht explizit ausführt: Zusätzliche Instrumente, die der Gesetzgeber wegen neuer Gefährdungen oder neuer technischer Möglichkeiten den Ermittlungsbehörden an die Hand geben will, müssen nicht nur an ihrem konkreten Potential gemessen werden, mit dem sie die Freiheitsrechte einschränken, sondern auch an dem Maßstab, in welcher Größenordnung bereits andere Instrumente im gleichen Zusammenhang bestehen, deren Wirkung auf die Freiheitsrechte durch neue verstärkt werden. Die Regierungskoalition hat dieses Prinzip in den Koalitionsvertrag aufgenommen; es steht zu hoffen, dass es demnächst konkretisiert wird.

Überraschend deutlich wird das Gericht dort, wo die Intimsphäre durch die Ausnutzung der Gefühle von überwachten Personen oder deren Angehörigen verletzt wird. Eine emotionale Anbändelung von Informationskontakten wird es in Zukunft verfassungskonform nicht mehr geben. Der Kernbereich der Privatsphäre wurde durch das Gericht in bisher unbekannter Weise konkretisiert.