arrow-left arrow-right nav-arrow Login close contrast download easy-language Facebook Instagram Telegram logo-spe-klein Mail Menue Minus Plus print Search Sound target-blank X YouTube
Inhaltsbereich

Aktuelles

26.05.2025 | Pressemitteilung

Keine populistischen Schnellschüsse im Strafrecht nach den jüngsten Messerangriffen!

Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (ASJ) in der SPD setzt auf eine faktenbasierte und nachhaltige Kriminalpolitik

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hat vor wenigen Tagen in einer Pressekonferenz eine „Sicherheitsoffensive“ angekündigt, in der u.a. „Messerangriffe“ zukünftig als Verbrechen, also mit einer Mindeststrafe von einem Jahr, sanktioniert werden sollen. Dazu erklären die Vorsitzenden der ASJ, Antje Draheim und Harald Baumann-Hasske:

„Die neue Bundesregierung sollte nicht den Fehler begehen, sich schon zu Beginn ihrer Amtszeit mit populistischen Schnellschüssen hervor zu tun, die wohlfeil sind, weil sie nichts kosten, aber nachweislich auch nicht die geringste Wirkung auf potentielle Täterinnen und Täter entfalten. Wir befinden uns nicht im Wahlkampf, sondern in einer Phase, wo gutes, sachorientiertes Regieren gefragt ist.“

„Die Fachleute in der Kriminologie und Verhaltenspsychologie sind sich einig, dass die Erhöhung von Mindeststrafen keinerlei nachweisbaren verhaltenssteuernden Effekt hat“ so Baumann-Hasske. „Wir verhindern also allein durch Strafverschärfungen von gegenwärtig sechs Monaten bis zu zehn Jahren auf ein Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe statistisch keine einzige Straftat.“

Aber wir bringen das System unseres Strafrechts aus dem Gleichgewicht:

Nicht jede Körperverletzung mittels eines Messers kann dieselbe Mindeststrafe verdienen wie eine schwere Körperverletzung, § 226 Abs. 1 StGB, bei der das Opfer etwa das Augenlicht verliert oder in erheblicher Weise dauernd entstellt wird. Die Strafrahmen des § 226 StGB müssten also ebenfalls nach oben angepasst werden, notwendige Änderungen in anderen Straftatbeständen wären die Folge. Der Bundesgerichtshof erkennt das Skalpell in der Hand eines Arztes während einer OP als ein gefährliches Werkzeug; operierenden Ärzten, die keine wirksame Patienten-Einwilligung haben, droht damit zwangsläufig die Anklage wegen eines Verbrechens. Die Hochzonung jeglichen Einsatzes von Messern zum Verbrechen würde die Einstellung des Strafverfahrens wegen eines Vergehens auch in ähnlichen Fällen unmöglich machen. Jede Bagatelle, bei der ein Messer eine Rolle spielt, müsste als Verbrechen vor dem Schöffengericht verhandelt werden, Strafbefehle wären nicht mehr möglich. Es käme zu einer massiven Mehrbelastung von Justiz und Staatsanwaltschaften.“

Antje Draheim sieht den drohenden Fehlstart der Koalition: „Herr Dobrindt als Jurist sollte das alles wissen. CDU/CSU und SPD haben sich im Koalitionsvertrag vor nicht einmal 20 Tagen ausdrücklich auf einen Prüfauftrag geeinigt, „inwieweit … gefährliche Körperverletzungen mittels einer Waffe oder eines Messers .,, künftig als Verbrechen geahndet werden können.“

Offensichtlich hat der Bundesinnenminister ohne sachverständige Hilfe innerhalb weniger Tage entschieden, ihn für die Bundesregierung positiv beantworten zu können. Die ASJ fordert, Messerkriminalität mit intelligenteren Maßnahmen zu sanktionieren als mit dem reflexartigen Ruf nach einer Verschärfung des Strafrechts. Wir fordern den Bundesinnenminister auf, sich vertragstreu zu verhalten und den im Koalitionsvertrag implementierten Prüfauftrag durch eine sachverständige Beratung unter Federführung des BMJ zu erfüllen.“