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Aktuelles

25.09.2020

Für einen starken Rechtsstaat in der Corona-Krise Transparenz stärken, Bürgerrechte sichern

Die Welt wird von einer Pandemie in einem Ausmaß heimgesucht, wie sie in derjüngeren Geschichte ohne Beispiel ist. Die Gegenmaßnahmen dienen dazu, eineÜberforderung des Gesundheitswesens zu verhindern. Sie gehen allerdings mitschweren Grundrechtseingriffen einher.

Auch in der akuten Notlage ist eine intensive Diskussion über rechtsstaatlicheErfordernisse und Begrenzungen der Maßnahmen zur Eindämmung des Viruserforderlich. Der Rechtsstaat ist keine „Schönwetter-Veranstaltung“! Gerade in derKrise ist der Rechtsstaat ein notwendiger Garant von Freiheit. Gleichzeitig könnenrechtsstaatliche Prinzipien dabei helfen, die Akzeptanz und die Befolgung dernotwendigen Maßnahmen effektiv und dauerhaft zu fördern.

Die derzeit von Bund und Ländern ergriffenen Maßnahmen sind sachgerecht. Siedürften in ihrer Mehrzahl zum aktuellen Zeitpunkt nicht unverhältnismäßig sein. Beider rechtlichen Bewertung der Maßnahmen gilt im Ausgangspunkt, dass denpolitischen Akteuren angesichts des bisher geringen wissenschaftlichenKenntnisstandes ein großer Einschätzungsspielraum zuzubilligen ist. Gleichwohl darfnicht aus dem Blick geraten, dass die Maßnahmen den verfassungsrechtlichenMaßstäben genügen müssen, die für Grundrechtseingriffe gelten.Grundrechte werden nicht von Regierung und Gesetzgeber gewährt, sondernvon ihnen gewährleistet.

Entsprechend liegt die Rechtfertigungslast für Einschränkungen beim Staat: Er kannnicht nach freiem Ermessen – und sei es auch für ein noch so wichtiges Ziel –Einschränkungen anordnen, sondern muss sich mit all seinen Maßnahmen innerhalbdes ihm zustehenden verfassungsrechtlichen Rahmens halten. Insbesondere ist erdamit an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden. Diese Regeln sind keinejuristische Förmelei, sondern können aktuell helfen, dass neben dem SchutzgutGesundheit andere gewichtige Verfassungsgüter nicht aus dem Blick geraten.

Im Einzelnen:

1. Alle grundrechtlich geschützten Rechtsgüter ernstnehmen

Das Erfordernis des Gesundheitsschutzes ist in möglichst schonenden Ausgleich mitanderen Rechtspositionen zu bringen. Es ist nicht akzeptabel, dass einzelne Rechtebeinahe vollständig suspendiert werden.

Das betrifft zum Beispiel das Versammlungsrecht und hier ganz besondersVersammlungen, die sich gegen die (oder einen Teil der) derzeit angeordnetenMaßnahmen richten. Die Versammlungsfreiheit ist schlechthin konstituierend für diefreiheitliche demokratische Grundordnung. Sie ist das für den Einzelnenbedeutendste Instrument, seine Unzufriedenheit mit politischen Entscheidungen indie Öffentlichkeit zu tragen, für die eigene Position zu werben und einenPolitikwechsel jenseits von Wahlen herbeizuführen. Gerade im Angesicht einerbeispiellosen Einschränkung von Grundrechten muss dieses Instrument denBürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stehen. Aktuelle verwaltungsgerichtlicheEntscheidungen lassen daran zweifeln, dass dies in jedem Einzelfall in der Praxis derFall ist.

Wann sind grundrechtseinschränkende Maßnahmen verhältnismäßig?

Alle Maßnahmen, die nur einen nur mittelbaren oder vermuteten Einfluss auf dieÜbertragung des Virus haben, können nur ausnahmsweise und nur danngerechtfertigt werden, wenn die mittelbare Folge einigermaßen gesichert undschützend ist. Zwar gilt auch im Infektionsschutz der Maßstab, „dass an dieWahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellensind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist.“(OVG MV). Andererseits sind sie aber nur solange zulässig, wie die Kenntnisse überdas Gefahrenpotential wenig präzise sind und die hohe Wahrscheinlichkeit, dass dieRealsierung der Gefahr zu dramatischen Grundrechtsverletzungen führt, gesichertbleibt. Sobald eine Differenzierung möglich ist und die Abwehr oder Vermeidung derGefahr mit milderen Grundrechtseingriffen möglich wird, sind die milderen Mittel zuwählen und in Anwendung zu bringen.

Wie bei allen Prüfungen der Verhältnismäßigkeit ist zu fragen: ist die jeweiligeMaßnahme erforderlich, geeignet und angemessen?

· Sind aus Gründen des Gesundheitsschutzes andere Maßnahmen möglich, dieetwa das Versammlungsrecht nicht durch Verbot verletzen, so sind dieseanderen Maßnahmen zu wählen. Politische Demonstrationen müssen auchweiterhin möglich sein, wenn sichergestellt werden kann, dass bestimmteAuflagen, die das Infektionsrisiko minimieren, etwa der Vorgabe einesMindestabstands, eingehalten werden.

· Sitzt eine Person alleine auf einer Parkbank, besteht nur dann ein erhöhtesAnsteckungsrisiko, wenn weitere Personen sich mit geringem Abstand dazugesellen: Dann ist das Verbot, alleine auf der Parkbank zu sitzen,unverhältnismäßig. Es ist ungeeignet im Sinne des Infektionsschutzgesetzes.

· In einigen Bundesländern ist derzeit unklar, warum es vertretbar erscheint,einen Baumarkt öffnen zu lassen, in dem die Regale keine zwei Metervoneinander entfernt stehen und sich die Kunden demnach früher oder späterzwangsläufig nahekommen, während das Feiern eines Gottesdienstes in einerspärlich besetzten Kirche mit einem Abstand von mehreren Metern zwischenden Gläubigen zu risikobehaftet sein soll. Jedoch geht es um verschiedeneThemen, die verschieden zu bewerten sind. Während für Baumärkte (undandere Geschäfte) die Frage zu klären ist, wie Hygieneregeln einzuhalten undKontaktnachverfolgungen sicherzustellen sind, ist bei den Gottesdienstendarüber hinaus zu differenzieren. Neben der allgemeinen Freizügigkeit ist hierzusätzlich das Grundrecht der Religionsausübungsfreiheit zu beachten.Andererseits ist in christlichen Gemeinden das Durchschnittsalter der aktivenGläubigen sehr hoch, womit die Ansteckungsgefahr für die ältereRisikogruppe zu berücksichtigen ist.

· Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit muss das Zusammenwirkenverschiedener Maßnahmen und die Beeinträchtigung von Freiheitsrechtendurch diese Maßnahmen beachtet werden. Es obliegt dem Gesetzgeber bzw.dem Verordnungsgeber, festzustellen, ob und welche sinnvollenBeschränkungen alternativ oder kumulativ erforderlich sind. Er hat dies zuprüfen und zu begründen. Anhand dieser Begründungen erfolgt die rechtliche,die gerichtliche Überprüfung.


2. Keine pauschale Quarantäne für Einreisende

Quarantänemaßnahmen für Einreisende müssen sich am konkreten Risiko einerInfektion in dem Land bzw. in der Region orientieren, in dem/der sich einEinreisender zuletzt länger aufgehalten hat. Wird keine pauschale Ausgangssperrefür die bereits in Deutschland befindlichen Personen angeordnet, kann sie nach demGleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) auch nicht jenen auferlegt werden,die mit einem gleich hohen oder geringeren Infektionsrisiko einreisen. FürMaßnahmen, die das Verlassen der eigenen Wohnung auch bei Vorliegen einestriftigen Grundes verbieten, sind die Vorgaben des Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG zubeachten.


3. Fortlaufende Überprüfung

Die Notwendigkeit des Fortbestehens der Maßnahmen in Dauer und Intensität mussfortlaufend überprüft werden, um sicherzustellen, dass die Einschränkungen dasabsolut notwendige Maß nicht überschreiten. Damit das auch tatsächlich passiert,müssen die Maßnahmen verpflichtend in bestimmten Zeitabständen bestätigtwerden, um in Kraft zu bleiben.


4. Sicherung parlamentarischer Mitbestimmung und des Föderalismus

Es muss sichergestellt werden, dass auch in Krisenzeiten der demokratischbesonders legitimierte Parlamentsgesetzgeber über Inhalt, Zweck und Ausmaß vonGrundrechtseingriffen entscheidet und ein „Grundrechtsschutz durch Verfahren“ nichtaußer Kraft gesetzt wird. Gerade bei einer großen prognostischen Unsicherheit, dieeine faktenbasierte Abwägung erschwert, gewinnt die Verfahrenskomponente nochan zusätzlicher Bedeutung.

Auch in Zeiten der Krise müssen die wesentlichen Entscheidungen durch dasParlament getroffen werden. Ermächtigungen zum Verordnungserlass –insbesondere wenn sie zu Abweichungen von Parlamentsgesetzen ermächtigen –müssen nach Inhalt, Zweck und Ausmaß klar bestimmt sein (Art. 80 Abs. 1 Satz 2GG). Insbesondere die Regelung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 und 4 sowie Abs. 3 IfSG mussinsofern dringend überarbeitet werden.

Das gilt ebenso für § 5 Abs. 2 IfSG im Hinblick auf den Grundsatz, dass derGesetzesvollzugs den Ländern obliegt (Art. 83 GG).


5. Präzise gesetzliche Ermächtigungen

Tiefe und einschneidende Grundrechtseingriffe wie Kontaktverbote, flächendeckendeSchließungsanordnungen oder gar Ausgangssperren

· dürfen nicht auf eine Generalklausel gestützt werden, sondern bedürfentatbestandlich stärker eingegrenzter gesetzlicher Regelungen in Form vonStandardmaßnahmen. Insofern ist § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSGverfassungsrechtlich bedenklich, weil zu unbestimmt.· dürfen nur durch Rechtsverordnung und nur aufgrund einesKabinettsbeschlusses erlassen werden. Dabei muss sichergestellt werden,dass in allen Bundesländern Rechtsschutz vor demVerwaltungsgerichtsbarkeit gegen diese Rechtsverordnung möglich ist.

Diese Anforderungen

· stellen sicher, dass nicht jeder Bürgermeister oder Landrat seine eigeneRegelung für die eigene Kommune schafft – denkbar sind lediglich zeitlich engbegrenzte Regelungskompetenzen für die schnelle Reaktion auf lokaleAusbrüche.

· haben zur Folge, dass eine durch Gericht festgestellte Rechtswidrigkeit derVerordnung alle Verfügungen generell unwirksam macht, die auf der Basis derRechtsverordnung ergangen sind. Wird die Rechtswidrigkeit einerAllgemeinverfügung festgestellt, gilt dies nur für die klagende Partei.

· führen zur Befassung des gesamten Kabinetts einer Regierung mit demErlass einer Verordnung; neben dem Gesundheitsministerium werden auchdie Ressorts beteiligt, die für den Schutz anderer Rechte als desGesundheitsschutzes zuständig sind.


6. Normenklarheit

Auch untergesetzliche Normen müssen dem Gebot der Normenklarheit genügen undfür die Bürgerinnen und Bürger verständlich sein. Auf Qualität und logische Stringenzist insbesondere dann zu achten, wenn Zuwiderhandlungen strafbewehrt sind. Es istverständlich, dass in der aktuellen Krise viele Regelungen ad hoc erlassen werdenmussten. Dies kann jedoch keine Entschuldigung darstellen, erkannte Defizite nichtim Verlauf der Anwendung zu korrigieren, um für den Fortgang der aktuellen Kriseund Krisen der Zukunft besser gerüstet zu sein.


7. Klare staatliche Kommunikation, Verbesserung der Datengrundlage,„Exit“-Strategien

Für die Akzeptanz der Grundrechtseinschränkungen in der Bevölkerung – ebenso,wie für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung – ist entscheidend, dass diestaatlichen Akteure klar kommunizieren, welche Ziele sie mit den derzeitigenMaßnahmen erreichen wollen und auf welchen Prämissen die einzelnenEinschränkungen beruhen.

Es ist entscheidend, dass „Exit“-Strategien erarbeitet und kommuniziert werden. Diesgilt insbesondere vor dem Hintergrund von möglichen neuen Infektionswellen, vonandauernden oder im Einzelfall sogar verschärften Grundrechtseinschränkungen.Vor allem bedarf es dringend eines zwischen Politik und Gesellschaft geführtenDiskurses über derartige Strategien. Daher ist es ein falsches Signal, Debatten übermögliche Lockerungen bzw. deren Kriterien für unzeitgemäß zu erklären.

Der Staat ist verpflichtet, die zur Verfügung stehenden Maßnahmen und die mitihnen einhergehenden Freiheitseinschränkungen abzuwägen, umGrundrechtsbeschränkungen auch für die Zukunft möglichst gering zu halten.

Ein Ende der Situation ist konkret nicht absehbar; man kann die Bedingungen miteinem „Wenn“ einleiten, nicht aber klar benennen, wann sie eintreten werden.Sicherheit vor Infektion gewinnt man durch einen wirksamen Impfstoff. Da dieEntwicklung eines Impfstoffes selbst bei optimistischer Betrachtung nicht vor Endedes Jahres zu erwarten ist, müssen die Maßnahmen bis dahin und bei etwaigenweiteren Infektionswellen sorgfältig abgewogen werden.

Das bedeutet auch aus rechtspolitischer Sicht insbesondere eine deutlicheAusweitung der Testkapazitäten und überregionale Bündelung der relevanten Daten(Infizierte, Geheilte, Krankenhauskapazitäten), um die Faktenbasis zu verbreiternund damit zielgenauer und freiheitsschonender handeln zu können.


8. „Corona-App“

Viel diskutiert wird zudem über den Einsatz einer „Corona-App“ zur schnelleren undzuverlässigeren Identifikation von Kontaktpersonen, als es derzeit durch dasGesundheitsamt möglich ist. Eine solche App wird insbesondere erwogen, weil sieeventuell ermöglicht, die derzeit flächendeckenden Beschränkungen zugunstenzielgenauer Maßnahmen abzulösen, damit also die Verhältnismäßigkeit derGrundrechtseingriffe zu verbessern.

Hierbei sind folgende rechtliche Erwägungen entscheidend:

- Beachtung der Datenschutzvorschriften: Bei einer technisch vollständigenAnonymisierung wären Datenschutzvorschriften nicht anwendbar, da keinepersonenbezogenen Daten vorlägen. Eine personenbezogene Identifizierungist jedoch unter zwei Gesichtspunkten nicht auszuschließen:
Sobald sich eine Person als infiziert meldet und die Daten frei gibt, wird auch ihre IP-Adresse an den zentralen Server übermittelt. Dadurch ist es zumindest theoretisch möglich, die Daten über den Mobilfunkanbieter einem konkreten Nutzer namentlich zuzuordnen.

Die Person, die eine „Warnung“ bekommt, kann ggf. Rückschlüsse ziehen, wenn sie nicht mit einer großen Anzahl an Personen Kontakt hatte. Daher sind Datenschutzvorschriften zu beachten.

- Einwilligung als Grundlage der Datenverarbeitung: Angesichts der großenBedeutung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) ist zentral, dass die Nutzung der App freiwillig erfolgt.Dafür sprechen auch Praktikabilitätsgründe (Akzeptanz und Nutzung der App).Bei der Information, dass sich ein Nutzer infiziert hat, handelt es sich um
Gesundheitsdaten und damit um besonders sensible Daten im Sinne des § 9DSGVO, die App sollte daher ausdrücklich nach der Einwilligung des Nutzersfragen.

- Die Daten müssen innerhalb der technischen Grenzen anonymisiert erhobenund weitergegeben werden: Die Zuordnung muss über eine Nummer erfolgen(nicht über Namen). Der App-Nutzer erhält also nur eine Nachricht: „Sie hattenKontakt mit einer infizierten Person“ (mit ggf. weiteren Hinweisen, was nun zutun ist). Auch auf dem Server sollte nur die Nummer gespeichert werden. DieApp darf also nicht mit Namen arbeiten, sondern nur mit Nummern. UmFalschmeldungen bei Infiziertenwarnungen vorzubeugen, müssen dieNummern mit dem Gesundheitsamt abgeglichen werden.

- Keine Standortdatenspeicherung: Eine Speicherung von Bewegungsabläufensoll nicht erfolgen. Denkbar ist stattdessen bspw. eine Ermittlung vonKontakten über Bluetooth.

- Einhaltung der Informationspflichten: Erforderlich ist eine eindeutigeInformation an Nutzer, welche Daten für welchen Zweck gesammelt undverarbeitet werden.

- Hohe Anforderungen an die Datensicherheit und Löschung der Daten: DieKontaktdaten (wer mit wem Kontakt hatte) sollten nur lokal auf den Handysgespeichert werden. Auf den Handys könnte man Löschungsfristen von 4-6Wochen vorsehen (bei Inkubationszeit von 2 Wochen), die Löschung sollteautomatisiert, also von vorneherein programmiert erfolgen. Kritischer ist ausDatenschutzgesichtspunkten die Speicherung auf dem Server: sie sollte nurerfolgen, wenn eine Meldung „Ich bin infiziert“ erfolgt, die über den Serverübermittelt werden muss (dieser Vorgang kann nicht nur lokal auf dem Handyfunktionieren). Sie sollte jedoch sofort nach Abgleich dieser Information mitdem Gesundheitsamt (durch Kennung, nicht durch Namen) und Weiterreichenan die Kontakte von einem – nach Möglichkeit in der EU befindlichen – Servergelöscht werden. Bei Entwicklung der App durch private Anbieter ist eineAuftragsdatenverarbeitung im Namen der Bundesregierung empfehlenswert.Dies erlaubt regelmäßige Audits sowie Verschwiegenheitsverpflichtungenaufzunehmen und zu kontrollieren (§ 28 DSGVO).

- Der Umgang, die Speicherung und die Verarbeitung der mit Hilfe der Appgewonnenen Daten ist mindestens den strengen Anforderungen desSozialgeheimnisses gemäß § 35 SGB I zu unterwerfen. EineDatenübermittlung an andere, nicht mit dem Infektionsschutz betrauteBehörden findet unter keinen Umständen statt. In der öffentlichen Diskussionsollte dabei auch auf die strafrechtlichen Sanktionen insbesondere gemäß
§ 203 Abs. 2 StGB zur Sicherstellung dieses Geheimnisses hingewiesenwerden.


Resümee

Insgesamt darf sich bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht der Eindruckeinstellen, undurchschaubaren politischen Entscheidungen machtlosausgesetzt zu sein. Die zunächst entsprechend dem Konzept von PEPP-PT inAussicht genommene zentrale Speicherung der Daten und ihre geplanteweitere Verwendung haben schon bisher in der Öffentlichkeit für Irritationgesorgt. Wenn die Wirksamkeit der App von der freiwilligen Anwendung durchmöglichst viele Bürgerinne und Bürger abhängt, bedarf es deshalb einerbesonders sensiblen Kommunikation, um verlorene Glaubwürdigkeit zurück zugewinnen und jedweder Verschwörungstheorie entgegen zu wirken.

Rechtsstaatliche Verfahren und Anforderungen sind dabei kein Hindernis,sondern helfen dabei, dass zur richtigen Zeit die richtigen Maßnahmengetroffen werden.

Klare Normen sind eine Voraussetzung dafür, dass Menschen ihren Sinneinsehen und nicht Gefahr laufen, unabsichtlich gegen sie zu verstoßen. Dasgilt insbesondere dann, wenn selbst fahrlässige Zuwiderhandlungen mit Strafebedroht sind.

Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit schützt nicht nur vor übermäßigenFreiheitseingriffen, sondern sorgt auch für eine dauerhafte Akzeptanz, wennnämlich mit guten Gründen dargelegt werden kann, dass Maßnahmengeeignet zur Zielerreichung sind und wirklich kein milderes Mittel zurVerfügung steht. Gerade der Vergleich mit anderen Staaten, in denenEindämmungsmaßnahmen teilweise mit brachialer Gewalt durchgesetzt unddennoch nicht flächendeckend eingehalten werden, zeigt eindrücklich, dassnicht nur ein freiheitlicher Staat auf die Akzeptanz und das Vertrauen seinerBürgerinnen und Bürger angewiesen ist. Noch – die große Akzeptanz undBefolgung zeigt das – ist das Vertrauen in den Staat und seine Institutionensehr weitgehend vorhanden. Sorgen wir mit Rechtsstaatlichkeit in der Krisedafür, dass dieses Vertrauen weiter bleibt und weiter wächst.