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sonstiges Verwaltungsrecht

Reform des Infektionsschutzgesetzes

Die ASJ begrüßt es, dass die Regierungsfraktionen im deutschen Bundestag das Infektionsschutzgesetz (IfSG) und andere Gesetze den aktuellen Erfordernissen anpassen und so geeignete Regelungen schaffen wollen, um der Pandemie rechtssicher begegnen zu können. In mehreren Arbeitsgruppen hat sie einige Eckpunkte gesammelt, die bei einer Reform aus der Sicht von Praktikern beachtet werden sollten:

Die SPD-Bundestagsfraktion, die SPD-Bundesminister sowie die SPD-geführten Landesregierungen werden aufgefordert, folgende Regelungen umzusetzen und zu unterstützen:

1. Zweck des Gesetzes

Der Zweck des Gesetzes in § 1 sollte um das Ziel: „das Funktionieren des Gesundheitssystems in einer die gesamte Bundesrepublik betreffenden epidemischen Lage sicherzustellen“ ergänzt werden.

2. Verhältnismäßigkeit

a) Alle Schutzmaßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, müssen hinreichend bestimmt sein sowie zwingend zeitlich befristet werden. Besonders geschützte Grundrechte können dabei nicht vollständig eingeschränkt werden.

b) Die Maßstäbe der Verhältnismäßigkeit müssen auch auf die Dauer der Grundrechtseingriffe angewandt werden: Starke Eingriffe sind kurzfristig und zur Abwehr nicht genau definierbarer Gefahren zulässig; je länger sie andauern, desto mehr steigt die Notwendigkeit, sie zu rechtfertigen.

c) Die Maßstäbe der Verhältnismäßigkeit müssen sich an Stand und Entwicklung der Wissenschaft orientieren. Je länger der Eingriff andauert, desto stärker muss geprüft werden, ob der Stand der Erkenntnis mildere Mittel mit geringerer Eingriffsintensität erlaubt. Die Verhältnismäßigkeit verlangt, dass an die Erfordernisse der Rechtfertigung der Eingriffsintensität mit fortschreitender Pandemiedauer immer größeren Anforderungen gestellt werden müssen.

3. Umfang der Schutzmaßnahmen §§ 28, 28a :

a) Der Parlamentsvorbehalt verpflichtet den Gesetzgeber nicht nur dazu, die wesentlichen für die Grundrechtsverwirklichung maßgebliche Regelungen selbst zu treffen, sondern auch dazu, Inhalt, Zweck und Ausmaß gesetzlich zu begrenzen. Das heißt, die Schutzmaßnahmen sind nicht nur aufzuzählen, sondern Voraussetzungen und Grenzen sind festzulegen.

b) Schutzmaßnahmen dürfen insbesondere nicht zur vollständigen Isolation von einzelnen Personen oder Gruppen führen, ein Mindestmaß an sozialen Kontakten muss jeweils gewährt bleiben. Jede Person muss Anspruch auf so viel sozialen Kontakt haben, wie mit Rücksicht auf die Gefährdung ihrer Gesundheit und der Gesundheit Dritter zu verantworten ist. Dem Wunsch nach seelsorgerischer oder anwaltlicher Beratung ist unbedingt Folge zu leisten. Dabei entstehende Kosten müssen erstattet werden, soweit sie nicht ohnehin gedeckt sind.

4. Die Ermächtigung der Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen (RVO) in § 32 IfSG wird wie folgt modifiziert:

a) Eine RVO kann ohne Begründung nur für einen Zeitraum von vier Tagen erlassen werden.

b) Mit Begründung kann eine RVO für längstens vier Wochen erlassen werden und einmalig für weitere vier Wochen verlängert werden. Mängel in der Begründung sollen nicht zur unmittelbaren Unwirksamkeit führen; der Verordnungsgeber soll binnen drei Tagen eine Begründung nachschieben können.

5. Regelungen mit längerer Geltungsdauer kann der Landesgesetzgeber treffen. Hierbei handelt er aufgrund seiner ihm im Wege der konkurrierenden Gesetzgebung zukommenden Kompetenz. Zur Klarheit soll das IfSG ausdrücklich bestimmen, dass der Landesgesetzgeber die Möglichkeit hat, in dem in § 32 IfSG bestimmten Umfang Gesetze mit unbefristeter Geltungsdauer zu erlassen.

6. Zur Gewährleistung bundeseinheitlicher Maßstäbe und eines bundeseinheitlichen Vorgehens soll die Bundesregierung ermächtigt werden, durch RVO die Landesregierungen zu verpflichten, Rechtsverordnungen gemäß § 32 IfSG zu erlassen.

a) In einer solchen RVO der Bundesregierung können sowohl abstrakte Maßstäbe für von den Landesregierungen dann im Detail auszuarbeitenden Rechtsverordnungen als auch von den Landesregierungen eins-zu-eins umzusetzende, konkrete Regelungen bestimmt werden.

b) Die RVO der Bundesregierung ist zu begründen, wenn sie länger als 4 Tage gelten soll.

c) Wenn die RVO der Bundesregierung länger gelten soll als eine Woche, bedarf sie der Zustimmung des Bundesrats.

d) Die RVO der Bundesregierung darf für höchstens einen Monat gelten und kann einmalig für einen weiteren Monat verlängert werden.

e) Soweit die Pflichten aus einer solchen RVO der Bundesregierung zu einer Kostenbelastung auf Seiten der Länder führen, sind diese Kosten vom Bund auszugleichen.

Cannabisgrenzwert

Die SPD-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für folgende Änderungen verkehrsrechtlicher Vorschriften im Hinblick auf den Umgang mit Cannabis im öffentlichen Straßenverkehr einzusetzen:

In § 24a StVG und der Anlage 4 zur FeV sollen die Kriterien und Grenzwerte, die ein Bußgeld bzw. einen Entzug der Fahrerlaubnis wegen Cannabiskonsum zur Folge haben, bundeseinheitlich geregelt werden."

Durchsetzung des Rechts auf Selbstbestimmung hinsichtlich des Wann und Wie des eigenen Sterbens

Die ASJ-Bundeskonferenz fordert die SPD-Bundestagsfraktion und die SPD-Ministerinnen und -Minister in der Bundesregierung auf, gesetzgeberische Schritte einzuleiten, um eine einheitliche Rechtsanwendung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 02.03.2017 – 3 C 19/15 – hinsichtlich der Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung sicherzustellen.