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Bodenrecht

Grußwort von Hans-Jochen Vogel zum BA 2020

Grußwort
Von Dr. Hans-Jochen Vogel
an das Gustav-Radbruch-Forum der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen am
29. Februar 2020 in Köln

Sehr verehrte Anwesende,
leider kann ich aus gesundheitlichen Gründen an dem Gustav-Radbruch-Forum der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen am 29. Februar 2020 in Köln nicht persönlich teilnehmen. Ich übermittle deshalb hiermit ein schriftliches Grußwort. Dies tue ich auch deshalb gerne, weil das Forum mit dem Thema „Mit Recht zum bezahlbaren Wohnraum“ ein Problem behandelt, das mich schon seit meiner Zeit als Münchner Oberbürgermeister in den sechziger und den frühen siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts immer wieder beschäftigt hat. Zuletzt habe ich dazu ein Buch unter dem Titel „Mehr Gerechtigkeit! Wir brauchen eine neue Bodenordnung - nur dann wird auch Wohnen wieder bezahlbar“ veröffentlicht, das Ende November letzten Jahres im Herder Verlag erschienen ist.
In diesem Buch lege ich dar, dass die eigentliche Ursache für die Mietpreissteigerungen die unablässige Steigerung der Baulandpreise darstellt. Sie ist bundesweit seit 1962 seitdem werden die entsprechenden Werte erfasst - um 2.500 % und in München seit 1950 - die Erfassung hat schon damals begonnen - um 39.000 % gestiegen. Das hat dazu geführt, dass Wohnungen für eine wachsende Zahl von Bürgerinnen und Bürgern unbezahlbar geworden sind, weil die Mieten heute bis in die unteren Teile der Mittelschicht hinein den Anteil von 30 % des Einkommens übersteigen. Dabei ist zu bedenken, dass der Anteil der Grundstückskosten bei der Erbauung eines Mietwohnungsgebäudes, der früher einmal 6 % betrug, auf über 60 % angewachsen ist. Gleichzeitig hat die Baulandpreissteigerung zu einem enormen Anwachsen des Ieistungslosen Bodengewinnes geführt. Allein für die Jahre 2011 bis 2018 hat das Statistische Bundesamt den Bodenwertzuwachs auf über 1,5 Billionen € veranschlagt. Davon sind 55 % den reichsten 10 % der Haushalte zugewachsen.
Grund und Boden ist unvermehrbar und unverzichtbar. Das hat das Bundesverfassungsgericht schon in einer Entscheidung im Jahre 1967 festgestellt. Dennoch unterliegen selbst wohnungsbaurelevante Grundstücke nach wie vor den Regeln des Marktes, die bekanntlich auf einen möglichst hohen Ertrag und Gewinn abzielen. In meinem Buch habe ich deshalb vorgeschlagen, die wohnungsbaurelevanten Grundstücke aus diesem Bereich in den Bereich zu überführen, für den die sozialen Regeln des Allgemeinwohls gelten. Das soll dadurch geschehen, dass die Gemeinden ihren Anteil an wohnungsrelevanten Grundstücken kontinuierlich ausdehnen und diese Grundstücke nicht mehr veräußern, sondern nur noch im Erbbaurecht weitergeben dürfen. Die Mieten sollen die Gemeinden für Gebäude, die sie auf diesen Grundstücken errichten oder besitzen, sozial gestalten, und zwar so, dass dort auch eine Einkommensmischung der Mieter möglich wird. Beispiele für ein solches Vorgehen haben seit langer Zeit die Stand Wien und in jüngerer Zeit die Städte Ulm und Münster und in Anfängen die Stadt München, aber auch der Kanton Basel-Stadt geliefert.
Ich hoffe, dass sich das Gustav-Radbruch-Forum auch mit diesen Gedankengängen auseinandersetzt und vielleicht sogar mein Bestreben unterstützt, dass unsere Partei meine Grundeinsicht und mein Kernziel in ihr Programm für die nächste Legislaturperiode aufnimmt. Gustav Radbruch würde das wahrscheinlich tun.
Mit freundschaftlichen Grüßen und besten Wünschen für einen Erfolg des Forums
Dr. Hans-Jochen Vogel